Bürgergeld unten, Reichtum oben und die Wahrheit dazwischen

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Warum wir weiter über Ungleichheit sprechen müssen

Wir berichten hier im Viertel über vieles. Über das, was gesehen wird und über das, was leicht übersehen wird. Und manchmal merken wir, dass ein Thema nachklingt und weiterreden möchte. Vor einer Weile haben wir über Herkunft, Vermögen und Chancen geschrieben. Einige erinnern sich vielleicht an unseren Beitrag „Wer unten lebt, sieht das Oben klarer“ und auch an die Gedanken über politische Ablenkungen „Nicht links. Nicht rechts. Nur ehrlich„.

Heute setzen wir die Reihe fort, weil wir merken, dass viele noch immer auf das schauen, was leicht zu greifen ist. Selten auf das, was wirklich Gewicht hat.

Die meisten von uns kommen aus ganz normalen Familien. Kein hohes Vermögen, kein Startkapital. Kleidung wurde weitergereicht. Das, was ältere Geschwister getragen hatten, wurde zu einer zweiten Haut für das jüngere Kind. Flohmärkte oder Second Hand Shops waren kein Ausflug, sondern eine Notwendigkeit. Es war ein Leben, das funktioniert hat, aber ohne großes Polster, ohne Absicherung. Vielleicht entsteht genau aus dieser Herkunft der Blick, der hier beschrieben wird. Ein Blick, der weiß, wie schwer es ist, mit wenig zu starten und wie unwahrscheinlich es ist, mit einem Schlag in die Höhe zu springen. Ein Aufstieg von Armut zu Reichtum passiert, aber so selten, dass es fast ein Wunder ist. Ein hoher Lotto Gewinn wäre statistisch gesehen realistischer. Das ist keine Übertreibung, sondern eine gesellschaftliche Beobachtung.

Ein kurzer Blick auf Chancen im echten Leben

Startbedingungen
Menschen aus armen Familien erben oft Armut. Menschen aus reichen Familien erben oft Sicherheit.
Chancen verteilen sich nicht gleich.

Soziale Mobilität
Der Aufstieg aus Armut in echten Reichtum ist so selten, dass ein hoher Lottogewinn statistisch realistischer wirkt. Siehe Studie

Darum trifft es so hart, wenn immer wieder über Menschen gesprochen wird, die Bürgergeld beziehen. Viele reden so, als wäre Armut eine Art Lebensstil. Als hätte man es sich bequem gemacht. Als müsste man nur wollen. Doch die Zahlen erzählen eine andere Wahrheit. Bürgergeldbetrug verursacht jedes Jahr Schäden im Bereich einiger Hundert Millionen. Eine Summe, die sich groß anhört, aber im Vergleich zu dem, was durch Steuerhinterziehung und steuerliche Schlupflöcher verloren geht, kaum einen Schatten wirft. Dort bewegen sich die Beträge jährlich im Bereich von etwa 100 Milliarden Euro. Das ist eine andere Größenordnung. Eine, die ganze Städte bauen, ganze Viertel sanieren, Zukunft finanzieren könnte. Und trotzdem wird über Bürgergeld gesprochen, nicht über dieses Geld.

Zahlen, die den Unterschied zeigen

Bürgergeldbetrug
Offiziell registrierte Schäden bewegen sich im niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbereich.
Es klingt viel, doch es betrifft einen kleinen Teil aller Fälle. Siehe Beitrag von buergergeld.org

Steuerhinterziehung und Steuerflucht
Der Staat verliert jedes Jahr schätzungsweise rund 100 Milliarden Euro. Das ist eine Größenordnung, die ganze Städte bauen und Zukunft finanzieren könnte. Siehe fundierte Studie

Und dann gibt es noch etwas, das selten gesagt wird. Ein Kind aus einer reichen Familie kann kaum in echte Armut fallen. Selbst wenn es das Leben verschläft. Selbst wenn es Fehler macht. Selbst wenn es gar nichts leistet. Es wird aufgefangen, getragen, geschützt. Ein Kind aus Armut dagegen kann arbeiten, kämpfen, verzichten, hoffen. Aber der Weg nach oben bleibt steil und bleibt weit und bleibt voller Fallen. Das ist keine Bewertung, es ist ein Zustand. Und dieser Zustand wird selten ausgesprochen.

Wir möchten niemanden angreifen, der gut verdient, Verantwortung trägt, Unternehmen leitet oder in hohen Positionen sitzt. Vielleicht lesen diese Menschen sogar mit. Vielleicht Eltern von Kindern, die eine sichere Zukunft haben. Vielleicht Menschen, die Entscheidungen treffen. Dieser Text soll nicht abstoßen, sondern einladen. Denn Einfluss bedeutet nicht Schuld. Einfluss bedeutet Möglichkeit. Wer oben spricht, prägt das Unten. Und wer die Wahrheit erkennt, kann sie weitergeben, an Kinder, an Kolleginnen und Kollegen, an Kreise, die selten über Armut sprechen.

Vielerorts und auch hier im Viertel machen sich manchmal Menschen über Unterschichtler lustig. Sie tun so, als wären sie selbst weit weg. Dabei stehen die meisten von uns genau zwischen beiden Welten. Nicht reich, nicht arm, aber verletzlich genug, um fallen zu können. Und oft blind für die Mechanismen, die andere unten halten.

Vielleicht reden Menschen so herablassend über Armut, weil das einfache Denken leichter ist als das komplizierte. Bürgergeld ist nah und leicht verständlich. Steuerhinterziehung ist fern und kompliziert. Das eine ist greifbar, das andere abstrakt. Das eine bietet ein Feindbild, das andere ein Spiegel.

Dieser Text ist kein Vorwurf. Er ist ein Versuch, eine Tür zu öffnen. Für alle, die unten leben. Für alle, die oben leben. Für alle, die irgendetwas verändern wollen. Es braucht keine Seite. Es braucht nur Ehrlichkeit.

Wenn du das nächste Mal über Armut sprichst, denk daran, dass Herkunft mehr bedeutet als Wille. Und dass man Mut braucht, um über die großen Probleme zu reden, nicht über die kleinen.

Ein Video über falsche Schuld:

VonLux

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